
Welche Baby-Marken sind wirklich LGBTQ+-freundlich?
Willkommen zu unserem umfassenden Deep-Dive über die LGBTQ+-Freundlichkeit von Baby-Marken. Dieses Video und der begleitende Artikel basieren auf intensiver Recherche und eigenen Erfahrungen als werdende queere Eltern. Es geht uns nicht um Produktqualität oder Inhaltsstoffe, sondern um Haltung, Sichtbarkeit, Vielfalt und echtes Engagement. Also: Welche Marken verdienen euer Vertrauen und bei welchen sollten wir genauer hinschauen? Wann es ein Unternehmen mit seinem Engagement ernst meint oder nur Pinkwashing betreibt, haben wir bereits in diesem Beitrag untersucht.
Warum das wichtig ist
Wenn du queer bist und Eltern wirst, begegnet dir oft das Gefühl: "Ist das überhaupt für mich gemacht?". Die Welt der Babyprodukte ist noch stark geprägt von traditionellen Rollenbildern. Rosa für Mädchen, blau für Jungs, Mama im Fokus. Aber was ist mit Regenbogenfamilien? Was ist mit trans, nicht-binären, intergeschlechtlichen oder queeren Elternteilen? Wer spricht uns an und wer blendet uns aus?
Deshalb haben wir über 50 Marken unter die Lupe genommen, die in Deutschland Produkte rund ums Baby anbieten: Windeln, Pflege, Nahrung, Möbel, Spielzeug, Ausstattung. Unser Ziel: Orientierung für queere Familien und ein Bewusstsein dafür, was echtes Engagement ausmacht.
Unsere Kriterien
Wir haben die Marken nach vier Kategorien bewertet, jeweils mit bis zu fünf Punkten:
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Sichtbarkeit: Tauchen queere Familien in der Werbung, auf Social Media oder der Webseite auf?
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Engagement: Gibt es Spenden, Partnerschaften oder öffentliches Eintreten für LGBTQ+-Rechte?
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Unternehmenskultur: Wie sieht es intern aus? Gibt es Netzwerke, Policies, Diversität auf Führungsebene?
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Ownership & Nachhaltigkeit: Wie konsequent ist das Ganze? Einmaliger Pride-Post oder tief verankerte Haltung?
Dabei orientieren wir uns unter anderem am CEI (Corporate Equality Index), dem Uhlala PRIDE Index, an den GDIB-Kriterien (Global Diversity & Inclusion Benchmarks) und an internationalen Berichten wie von OutNow Global oder Stonewall UK.
Die großen Player und was dahintersteckt
Beginnen wir mit den Marken, die fast jede Familie kennt.
Pampers (Procter & Gamble) Pampers gehört zu Procter & Gamble, einem Konzern mit seit Jahren perfektem CEI-Score (100/100). Das LGBTQ+-Netzwerk GABLE ist global aktiv, P&G war einer der ersten großen Konzerne mit trans-inklusiven Policies. In Deutschland war Pampers allerdings lange eher neutral positioniert. Inzwischen gibt es Fortschritte, z.B. durch Konzernkampagnen mit Pantene, die Regenbogenfamilien zeigen.
dm (babylove) dm punktet mit klarer Haltung, regelmäßigem CSD-Engagement und Regenbogenprodukten (z.B. NYX Pride Editions). Die interne Kultur gilt als vielfältig, die Kommunikation als modern. Kritik gibt es aber am Gender-Marketing einiger Eigenmarken.
Rossmann (babydream) Rossmann ist aktiv beim Deutschen Diversity-Tag, es gibt interne Programme zur Inklusion. Sichtbarkeit queerer Familien ist aber bislang kaum vorhanden. Auch Social Media bleibt vorsichtig traditionell.
LILLYDOO Der nachhaltige Windelanbieter zeigte 2021 Regenbogenfamilien im Blog und kündigte für 2025 eine Rainbow Edition an. Unternehmensintern gibt es Engagement, aber noch Luft nach oben in der Sichtbarkeit.
HIPP HIPP wirbt stark mit traditionellen Familienbildern. Es gibt keine bekannten Kampagnen oder Policies zur LGBTQ+-Inklusion. Auch auf Social Media oder der Website fehlen diverse Repräsentationen. HIPP wurde mehrfach wegen Gender-Marketing kritisiert.
IKEA Obwohl kein klassischer Babyanbieter, verkauft IKEA Hochstühle, Babybetten, Ausstattung. IKEA hat weltweit mehrfach Pride-Kollektionen lanciert, zeigt diverse Familien in Werbekampagnen und engagiert sich politisch, z.B. für Elternzeitreformen. Ein Vorbild.
Tragen, Schnuller, Pflege: wer ist dabei?
Nuk Die Marke NUK hat eine lange Tradition, aber bislang kaum Repräsentation queerer Familien gezeigt. In Social-Media-Posts dominiert das klassische Mutterbild. Auch auf Nachfrage äußert sich die Firma nicht öffentlich zu LGBTQ+-Themen. Hier wünschen wir uns mehr Haltung.
Chicco Der italienische Anbieter wurde für Pride-Produkte in Südeuropa gelobt, zeigt aber in Deutschland kaum entsprechende Kommunikation. Die Marke scheint regional unterschiedlich aufgestellt zu sein, was sie für uns schwer einzuordnen macht.
Ergobaby Der Trageanbieter punktet mit diversen Bildwelten in den USA, in Deutschland ist das weniger sichtbar. Dennoch: Der Gesamteindruck ist progressiv, die Kommunikation inklusiv.
Lansinoh Als Marke für Stillprodukte zeigt Lansinoh vereinzelt auch trans Eltern und nicht-binäre Personen, vor allem in den USA. In Deutschland ist das selten, aber die internationale Grundhaltung ist positiv.
BabyBjörn Diese Marke aus Schweden punktet mit neutralem, oft genderfreiem Design. In der Werbung tauchen auch Väter alleine auf. LGBTQ+-Themen fehlen, aber die Kommunikation ist nicht ausschließend.
Reer, Fehn, Träumeland, Rotho Babydesign Diese Anbieter kleinerer Produkte wie Nachtlichter, Spieluhren, Möbel zeigen bislang keinerlei queere Repräsentation. Hier herrscht der Status Quo.
Stokke Die norwegische Premiummarke zeigt stylische Werbung, aber traditionelle Familienmodelle. LGBTQ+ kommt nicht vor, obwohl das Design Potenzial für Diversität hätte.
Nahrung, Pflege, Sicherheit: besonders sensibel
Töpfer, Holle, Alnatura Die Bio-Babynahrungshersteller betonen Nachhaltigkeit, aber Diversity fehlt. Sichtbarkeit queerer Familien ist hier praktisch nicht existent.
Penaten (Johnson & Johnson) J&J ist globaler Partner der Zurich Pride, schneidet im CEI gut ab. Penaten selbst bleibt in Deutschland aber sehr konservativ in der Bildsprache. Hier fehlt der Transfer vom Konzern zur Marke.
BeSafe, Cybex, Recaro (Sicherheitsprodukte) Diese Anbieter zeigen moderne Designs und betonen Innovation, aber Diversity ist kein Thema. Cybex punktet leicht mit einer geschlechtsneutralen Designsprache.
Intersektionalität & regionale Aspekte
Ein wichtiger Punkt: Queere Eltern mit Migrationsgeschichte, Behinderung oder in ländlichen Regionen erleben noch mehr Ausschlüsse. Einige Marken wie Pampers USA zeigen auch queere BIPoC-Familien, aber in Deutschland ist das fast unsichtbar.
Auch die Verfügbarkeit von Produkten unterscheidet sich regional. Was in Berlin Standard ist, gibt’s im Allgäu nicht unbedingt im Regal. Onlinehandel hilft, ersetzt aber keine Sichtbarkeit im Laden.
Was hilft uns bei der Einschätzung?
Neben den genannten Kriterien lohnt sich ein Blick auf:
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OEKO-TEX Zertifizierungen: Weniger LGBTQ+, aber relevant für nachhaltige und faire Produktion.
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Uhlala PRIDE Index: Bewertet Unternehmen nach ihrer Diversity-Kultur in Deutschland.
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Queer.de-Awards: Publikumspreise für queere Sichtbarkeit.
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CEI: Besonders hilfreich für internationale Konzerne wie P&G oder J&J.
Wir haben bereits ein eigenes Video gemacht mit dem Titel: "PR oder Pride?", in dem wir zeigen, wie man echtes Engagement von pinkwashing unterscheidet. Schau da unbedingt rein, wenn du noch tiefer einsteigen willst.
Unsere Empfehlungen pro Produktkategorie
Diese Empfehlungen basieren auf dem, was wir recherchiert haben in Bezug auf queere Sichtbarkeit, Haltung und Repräsentation, nicht auf Funktionalität oder Preis.
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Windeln: LILLYDOO oder Pampers (dank P&G)
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Pflegeprodukte: Lansinoh oder - mit Abstrichen - Penaten
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Schnuller & Flaschen: Bisher keine wirklich queere Marke. Cybex mit neutralem Design als Kompromiss
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Tragen & Ausstattung: Ergobaby oder BabyBjörn (genderneutral)
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Möbel & Textil: IKEA! klare LGBTQ+-Haltung
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Nahrung: Schwierig. Alle Marken bislang unsichtbar
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Sicherheitsprodukte: Cybex (designneutral), aber alle ausbaufähig
Fazit
Die Babybranche hat Nachholbedarf. Es gibt erste Fortschritte, einzelne Kampagnen und Designansätze. Aber viele Marken bleiben beim Regenbogen im Juni stehen, oder machen gar nichts. Dabei ist queere Sichtbarkeit kein Lifestyle, sondern Realität für hunderttausende Eltern weltweit.
Wenn ihr diese Realität sichtbar machen wollt, unterstützt Marken, die das auch tun. Fragt nach, kommentiert, schreibt Mails. Und gebt queeren Menschen in Unternehmen Rückenwind.
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