
Leihmutterschaft, also das Austragen eines Kindes für eine andere Person oder ein Paar, erlebt international einen Aufschwung. Weltweit boomt diese Praxis: Das globale Leihmutterschafts-Geschäft wurde 2022 auf 14 Milliarden US-Dollar geschätzt und soll bis 2032 auf rund 129 Milliarden US-Dollar anwachsen [1].
Dies geht einher mit einer zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz, fortschreitenden medizinischen Möglichkeiten (z. B. IVF-Technologien) und einer wachsenden Zahl von Agenturen, die Wunscheltern und potenzielle Leihmütter zusammenbringen. Zugleich entbrennt aber eine kontroverse Debatte über rechtliche, ethische und soziale Fragen. Dieser Beitrag beleuchtet die aktuellen Entwicklungen weltweit, die besondere Situation in Deutschland, die Ursachen der steigenden Nachfrage sowie die wichtigsten Kritikpunkte und unterstützenden Argumente rund um die Leihmutterschaft. Warum wir uns für Leihmutterschaft entschieden haben, haben wir hier erklärt.
Aktuelle Entwicklungen: Globale Trends der Leihmutterschaft
International nimmt die Inanspruchnahme von Leihmutterschaft deutlich zu. In mehreren Ländern hat sich ein regelrechter grenzüberschreitender „Leihmutterschaftstourismus“ etabliert. Beispielsweise florierte die kommerzielle Leihmutterschaft in Ukraine in den letzten Jahren trotz Krieg weiter: „Hunderten ausländischer Paaren, vor allem aus Italien, Rumänien, Deutschland und Großbritannien, verhilft Kiews liberale Rechtslage jedes Jahr zum Wunschkind“ [2[. Laut Angaben großer Kliniken wurden seit Beginn der russischen Invasion 2022 bereits über 1.000 Babys in der Ukraine durch Leihmütter geboren, allein 600 davon in einer einzigen Kiewer Klinik [3]. Doch der Ukraine-Krieg verdeutlicht auch Risiken und moralische Konflikte, wenn werdende Eltern sogar ein Kriegsgebiet bereisen, um ihr Neugeborenes abzuholen. In einem eindrücklichen Fall reiste ein Paar aus Argentinien nach Kiew, während Luftalarm herrschte: „man hält das für verrückt, aber in dem Moment, in dem sie ihr Baby im Arm hielten, wurde klar, warum es den Einsatz wert war“ [4]. Solche Geschichten unterstreichen die enorme Bedeutung, die viele Betroffene ihrem Kinderwunsch beimessen.
Beliebte Leihmutterschafts-Destinationen verschieben sich mit der Gesetzeslage: In den USA ist Leihmutterschaft in vielen Bundesstaaten legal und etabliert, allerdings mit hohen Kosten (üblich sind zwischen 120.000 und 180.000 USD) [5]. Wohlhabende Paare, darunter auch Prominente, nutzen verstärkt die professionellen Strukturen in den USA, wo Leihmutterschaft stark kommerzialisiert ist. Dagegen haben einige frühere „Hotspots“ in Asien ihre Türen geschlossen: Indien beispielsweise verbot kommerzielle Leihmutterschaft vor einigen Jahren für Ausländer [6], nachdem dort zeitweise ganze „Baby-Farmen“ entstanden waren. Ähnlich untersagten Thailand und Kambodscha aus Sorge vor Ausbeutung die Praxis für internationale Klienten. Als Folge verlagert sich die Nachfrage in Länder wie Georgien, Mexiko oder Kolumbien, wo teils weniger strikte Regeln gelten. In Europa ist das Bild gemischt: In den meisten europäischen Ländern bleibt Leihmutterschaft verboten - so auch in Deutschland - während etwa Großbritannien, die Niederlande, Dänemark, Portugal sowie Kanada und Australien zumindest altruistische (nicht-kommerzielle) Leihmutterschaft zulassen [7]. Großbritannien plant aktuell sogar, die Rahmenbedingungen weiter zu liberalisieren [8]. Andere Länder gehen hingegen restriktiver vor: Italien hat 2023 das Verbot verschärft und will sogar Paare strafrechtlich verfolgen, die im Ausland eine Leihmutter beauftragen [9[. Diese unterschiedlichen Ansätze zeigen, dass Leihmutterschaft global stark im Fluss ist - ein legaler Flickenteppich, der Wunscheltern oft komplizierte Auslandswege und rechtliche Unsicherheiten abverlangt.
Leihmutterschaft in Deutschland: Rechtslage und aktuelle Debatte
In Deutschland ist Leihmutterschaft derzeit streng verboten. Das Embryonenschutzgesetz (§1 Abs.1 Nr.7 ESchG) stellt es unter Strafe, eine Frau künstlich zu befruchten oder ihr einen Embryo zu übertragen, wenn sie das Kind später Dritten überlassen soll [9]. Auch die Vermittlung von Ersatzmüttern gegen Entgelt ist gesetzlich untersagt. Zudem bestimmt das Bürgerliche Gesetzbuch (§1591 BGB) klar: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“ Damit werden die austragende Frau und ihr ggf. verheirateter Partner rechtlich als Eltern angesehen, unabhängig von der genetischen Abstammung. Die Folge: Wunscheltern, die dennoch mittels Leihmutter zu einem Kind kommen wollen, müssen ins Ausland ausweichen und stehen bei der Rückkehr vor komplexen juristischen Prozeduren, um als Eltern anerkannt zu werden. In Einzelfällen haben deutsche Gerichte diese Realität bereits akzeptiert: So hat der Bundesgerichtshof 2014 erstmals die ausländische Gerichtsanerkennung einer Leihmutterschaft ermöglicht, er erkannte einen kalifornischen Beschluss an, der einem deutschen Paar die Elternrechte zusprach [10]. Dennoch bewegt sich jeder derartige Fall in einer rechtlichen Grauzone.
Angesichts gesellschaftlicher Veränderungen und des wachsenden Wunsches nach Familiengründung auch in neuen Konstellationen, wird inzwischen intensiv über eine Reform diskutiert. Die derzeitige Bundesregierung (SPD, Grüne, FDP) hat im Koalitionsvertrag festgeschrieben, „Möglichkeiten altruistischer Leihmutterschaften“ zu prüfen [11]. Insbesondere die liberale FDP drängt offen darauf, Leihmutterschaft in Deutschland unter Auflagen zu ermöglichen [12]. Zu diesem Zweck wurde 2023 eine Kommission für reproduktive Selbstbestimmung eingesetzt, die u. a. eine Legalisierung der Eizellspende und altruistischer Leihmutterschaft ausgelotet hat [13]. Ihren Abschlussbericht übergab die Kommission im April 2024 der Regierung, welche nun über mögliche Gesetzesänderungen berät. Bislang liegen jedoch weder offizielle Gesetzentwürfe noch konkrete Zeitpläne vor, sodass eine Reform frühestens in der laufenden Legislaturperiode (bis 2025) zu erwarten wäre.
Die politische Debatte in Deutschland ist kontrovers. Befürworter, etwa Teile der ehemaligen Ampel-Koalition und Familienrechtler, argumentieren, eine strikt regulierte, nicht-kommerzielle Leihmutterschaft könne ethisch vertretbar sein und ungewollt Kinderlosen helfen, ohne dass Ausbeutung stattfinden muss. Konservative Stimmen, Kirchenvertreter und Feministinnen warnen hingegen vor einer Aufweichung des Mutterbegriffs und möglicher Instrumentalisierung des weiblichen Körpers. Auch der Deutsche Ethikrat befasste sich bereits mit dem Thema; ehemalige Ethikrat-Mitglieder wie Peter Dabrock fordern mehr Nachdenklichkeit und sehen in einer behutsamen Öffnung zumindest für altruistische Fälle eine Option, um illegale Praktiken und Auslandsreisen einzudämmen. Derzeit bleibt deutschen Paaren mit Kinderwunsch jedoch meist nur der Weg ins Ausland, wobei es keine offiziellen Zahlen gibt, wie viele jährlich davon Gebrauch machen [14]. Schätzungen von Beratungsstellen zufolge lassen jedoch etliche Dutzend deutsche Paare pro Jahr im Ausland (vor allem in den USA, der Ukraine oder Georgien) ein Kind austragen. Diese „Ausweichbewegung“ führt dazu, dass das Problem faktisch existiert, aber ins Ausland verlagert wird, ein Zustand, der zunehmend als unbefriedigend empfunden wird und den Reformdruck erhöht.
Gründe für die wachsende Nachfrage nach Leihmutterschaft
Warum steigt die Nachfrage nach Leihmutterschaft weltweit an? Die Gründe sind vielfältig und spiegeln medizinische Fortschritte ebenso wie gesellschaftlichen Wandel wider. Zu den wichtigsten Faktoren gehören:
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Medizinische Notwendigkeit bei unerfülltem Kinderwunsch: Immer mehr Menschen sind von Unfruchtbarkeit betroffen. Schätzungen der WHO zufolge erlebt etwa jeder sechste Erwachsene im Laufe seines Lebens eine Phase der Infertilität [15]. Gründe können etwa fehlende oder erkrankte Gebärmütter, wiederholte Fehlgeburten oder schwerwiegende gesundheitliche Risiken einer Schwangerschaft sein. In solchen Fällen kann eine Leihmutter die einzige Chance bieten, ein biologisch eigenes Kind zu bekommen. Auch Frauen, die aufgrund von Krebsbehandlungen oder anderen medizinischen Eingriffen keine Schwangerschaft austragen können, wenden sich verstärkt dieser Möglichkeit zu. Die steigende Inanspruchnahme von IVF und anderen Fortpflanzungstechnologien weltweit hat zudem das Bewusstsein für Optionen wie die Leihmutterschaft geschärft.
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Familiengründung für LGBTQ+ und unverheiratete Menschen: Gleichgeschlechtliche Paare, besonders männliche Paare, sowie alleinstehende Männer haben biologisch keine Möglichkeit, ohne Hilfe einer Leihmutter eigene Kinder zu bekommen. Mit wachsender gesellschaftlicher Akzeptanz von Regenbogenfamilien und nach der Öffnung der Ehe steigt in dieser Gruppe der Kinderwunsch deutlich. In einer US-Studie gaben 41 % der verheirateten gleichgeschlechtlichen Paare unter 50 an, dass sie (weitere) Kinder haben möchten [16]. Interessanterweise zogen 61 % von ihnen biologische Wege wie Samenspende, Eizellspende oder Leihmutterschaft einer Adoption vor [17]. Auch in Deutschland wird die Debatte um queere Familien lauter: Schwule Paare und trans* Frauen drängen auf Gleichbehandlung bei der Elternschaft. Da Adoptionen für sie oft schwierig oder langwierig sind, wächst die Attraktivität der Leihmutterschaft als Alternative. Prominente Beispiele aus dem Ausland (etwa homosexuelle Stars, die mit Leihmüttern Eltern wurden) tragen zusätzlich zur Bekanntheit dieser Möglichkeit bei.
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Reproduktive Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Wandel: Im Zuge der Emanzipation fordern manche, dass Frauen selbst entscheiden dürfen, ob sie als Akt der Hilfe ein Kind für jemand anderen austragen. Hier steht die Autonomie der Frau im Vordergrund, nach dem Motto: Mein Körper, meine Entscheidung. Für manche Paare ist Leihmutterschaft auch eine bewusste Lebensstil-Entscheidung, etwa wenn eine Karrierefrau oder jemand mit Gebärängsten das Austragen delegieren möchte (dies ist allerdings ein selten genanntes Motiv und in vielen Ländern auch nicht erlaubt). Generell hat die Offenheit für unterschiedliche Familienformen zugenommen. Das Ideal der traditionellen Kleinfamilie weicht der Anerkennung diverser Lebensentwürfe. In diesem Klima sehen Befürworter die Leihmutterschaft als eine weitere Option der Familiengründung, vergleichbar mit Adoption oder Pflege, die gesellschaftlich integriert werden könnte. Nicht zuletzt machen erfolgreiche persönliche Geschichten Schlagzeilen: Wenn etwa eine Schwester oder beste Freundin als Leihmutter einspringt und so ein Wunschkind ermöglicht, wird dies oft positiv als Akt großer Nächstenliebe dargestellt. Solche Geschichten prägen die öffentliche Wahrnehmung und können bei anderen den Mut wecken, diesen Weg ebenfalls zu gehen.
Kritikpunkte und ethische Fragen: Ausbeutung, Ungleichheit, Kommerzialisierung
Trotz der steigenden Popularität bleibt Leihmutterschaft hoch umstritten. Kritiker führen eine Reihe ethischer Bedenken ins Feld, insbesondere in Bezug auf die möglichen Schattenseiten der kommerziellen Leihmutterschaft:
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Ausbeutung und soziale Ungleichheit: Oft stehen sich bei Leihmutterschaften wohlhabende Auftraggeber und wirtschaftlich benachteiligte Frauen gegenüber. Diese Machtasymmetrie birgt das Risiko, dass Frauen aus finanzieller Not heraus ihren Körper „vermieten“. So greifen viele westliche Paare auf Leihmütter in ärmeren Ländern wie der Ukraine, Indien oder früher Thailand zurück, wo die Vergütung vergleichsweise gering ist [18]. Ein Beispiel: In der Ukraine zahlen ausländische Kunden rund 40.000 € pro Baby, doch die Leihmutter selbst erhält oft nur etwa die Hälfte dieser Summe, während Agenturen und Kliniken den Rest einbehalten [19]. Solche Fälle nähren den Eindruck, „die Kunden profitieren einseitig von der Notlage der Frauen“ [20]. Soziale Gerechtigkeit wird zum Thema: Kritiker fragen, ob es fair sein kann, dass nur reiche Menschen sich diese Dienstleistung leisten können, während weniger Betuchte kinderlos bleiben. Die hohen Kosten (z. B. 100.000–150.000 US$ in den USA [21]) machen Leihmutterschaft faktisch zu einem Luxusgut. Diese finanzielle Ungleichheit, gepaart mit der möglichen Vulnerabilität der Leihmütter, lässt viele von moderner Ausbeutung sprechen, oft wird der polemische Begriff der „Mietmutterschaft“ gebraucht.
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Kommerzialisierung von Schwangerschaft und Geburt: Ein zentrales ethisches Unbehagen ist die „Ware Kind“-Problematik. Kritiker monieren, dass durch kommerzielle Leihmutterschaft Kinder und Fruchtbarkeit zu Objekten eines Geschäfts werden. Der Körper der Frau werde instrumentell gebraucht, Schwangerschaft zur Dienstleistung degradiert. Dieses „Babys auf Bestellung“-Konzept kollidiert mit dem Verständnis von Mutterschaft als etwas grundsätzlich Unverkäuflichem. Auch die Würde von Mutter und Kind sieht man tangiert: Papst Franziskus etwa verurteilte 2024 die Leihmutterschaft in einer Ansprache scharf als „verabscheuungswürdig“ und als „schwere Verletzung der Würde der Frau und des Kindes“ [22]. Er rief sogar zu einem weltweiten Verbot auf. Auch andere Religionsgemeinschaften und Ethiker äußern ähnliche Bedenken, da hier ein Menschenleben gegen Bezahlung „bestellt“ werde. Zudem steht die Frage im Raum, ob echte Freiwilligkeit vorliegt oder ob finanzielle Anreize die Entscheidung der Leihmutter verzerren, kann von einer informierten, freien Entscheidung gesprochen werden, wenn Armut im Spiel ist? Diese moralischen Fragen führen einige Länder dazu, restriktiv zu handeln (wie Italien mit seinem angedrohten Strafgesetz [23]). Selbst wo es erlaubt ist, sind oft kommerzielle Zahlungen verboten (z. B. in Großbritannien oder Kanada), um der Kommerzialisierung einen Riegel vorzuschieben.
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Gesundheitliche und psychologische Risiken, Kindeswohl: Eine Schwangerschaft ist immer auch mit medizinischen Risiken für die austragende Frau verbunden (von Schwangerschaftskomplikationen bis Geburtstraumen), die sie in diesem Fall nicht für das eigene Kind, sondern für Dritte auf sich nimmt. Kritiker fragen, ob es ethisch vertretbar ist, dass eine Frau ihre Gesundheit, und sei es freiwillig, für fremde Eltern aufs Spiel setzt. Dazu kommt die emotionale Dimension: Die Abgabe des Kindes direkt nach der Geburt kann für die Leihmutter psychisch belastend sein, da sich während der Schwangerschaft natürliche Bindungen entwickeln. Skeptiker befürchten Traumatisierungen durch diesen Bruch, auch wenn viele Leihmütter betonen, mental vorbereitet zu sein. Was das Kindeswohl betrifft, wird angeführt, das Kind könne später unter Identitätsfragen leiden (etwa: „Warum wollte meine leibliche Mutter mich nicht behalten?“). Außerdem fehlt dem Kind möglicher Kontakt zur Gebärmutter, was manche kritisch sehen. Allerdings zeigen Studien, dass Kinder aus Leihmutterschaften in ihren sozialen Familien meist genauso geborgen aufwachsen wie andere, hier gibt es keine eindeutigen Belege für Schäden. Nicht zuletzt herrscht Kritik an teils rechtlich unklaren Situationen: Etwa wenn eine Leihmutter ihre Meinung ändert und das Kind behalten möchte, oder wenn Wunscheltern abspringen (z. B. bei festgestellten Behinderungen des Babys). Solche Fälle werfen schwierige moralisch-rechtliche Fragen auf: Wer trägt die Verantwortung für das Kind? Wer kommt für Kosten auf? Bis heute gibt es international keinen einheitlichen Rechtsrahmen, was zu teils dramatischen Einzelfällen geführt hat (z. B. in Thailand, wo 2014 ein australisches Paar ein von der Leihmutter geborenes Baby mit Down-Syndrom zurückließ). Insgesamt lautet das kritische Fazit vieler: Leihmutterschaft öffnet ein Feld potenzieller Ausbeutung und moralischer Dilemmata, das durch strengere Verbote oder zumindest klare Regeln eingehegt werden müsse.
Pro-Argumente und differenzierte Perspektiven: Freiwilligkeit, Fairness, persönliche Geschichten
Auf der anderen Seite argumentieren Befürworter der Leihmutterschaft, dass unter gewissen Bedingungen eine ethisch verantwortungsvolle Umsetzung möglich ist, ja, dass Leihmutterschaft für alle Beteiligten positive Ergebnisse bringen kann. Ihre wichtigsten Punkte sind:
Freiwilligkeit und Autonomie: Für viele steht die selbstbestimmte Entscheidung der Frau im Vordergrund. Niemand zwinge eine Leihmutter, im Idealfall trifft sie die Wahl aus freien Stücken und mit altruistischen Motiven. Tatsächlich geben Umfragen unter Leihmüttern häufig altruistische Beweggründe als Motivation an (etwa der Wunsch, kinderlosen Paaren zu helfen), nicht primär finanzielle Motive [24]. Unterstützer betonen: „In vielen Fällen entscheiden sich Frauen aus altruistischen Gründen für eine Leihmutterschaft, nicht allein wegen des Geldes“ [25]. Eine mündige Frau solle das Recht haben, ihren Körper auf diese Weise einzusetzen, sofern sie umfassend aufgeklärt ist. Wenn ein Vertrag auf informiertem Einverständnis beruhe und die Frau alle Risiken kenne, sollte man ihre Körperautonomie respektieren [26]. Dieses Argument spiegelt einen feministischen Ansatz wider, der Frauen zutraut, solche persönlichen Entscheidungen verantwortungsvoll selbst zu treffen, anstatt sie per Verbot zu bevormunden.
Regulierung und faire Rahmenbedingungen: Befürworter plädieren nicht für unkontrollierte Zustände, sondern für klare Regeln, um Missbräuche zu verhindern. Sie schlagen vor, Leihmutterschaft unter strengen Auflagen zu erlauben, z. B. nur altruistisch (ohne Profit, nur Kostenentschädigung), mit psychologischer Betreuung, medizinischer Begutachtung und rechtlich wasserdichten Verträgen für alle Parteien. Dadurch könne man die heute oft im Verborgenen oder Ausland ablaufenden Prozesse ins Licht holen und sicherer machen. In Ländern wie Großbritannien oder Kanada, wo nur nichtkommerzielle Leihmutterschaft erlaubt ist, gibt es bereits etablierte Protokolle: Vertrauensvolle Beziehungen zwischen Leihmutter und Eltern werden gefördert, alle Eventualitäten, von Fehlgeburten über Behinderungen des Kindes bis zu Rücktrittsmöglichkeiten, werden vorab besprochen und vertraglich geregelt [27]. So schlug etwa die Theologin und ehemalige Leihmutter Grace Y. Kao eine Reihe von Kriterien für moralisch vertretbare Leihmutterschaften vor: intensive Vertrauensbeziehung zwischen den Beteiligten, vollständige Transparenz über Erwartungen, Aufwandsentschädigung statt Profit, medizinische und rechtliche Absicherung, und das Recht der Leihmutter, den Prozess abzubrechen, falls ihre Gesundheit bedroht ist [28[. Rechtssicherheit soll sowohl die Leihmutter (etwa durch unabhängige rechtliche Beratung und Versicherungsschutz) als auch die Wunscheltern (automatische Anerkennung der Elternschaft) schützen. Befürworter sind überzeugt: Durch solch ein ethisches Regelwerk kann Leihmutterschaft so gestaltet werden, dass Ausbeutung verhindert und alle Seiten fair behandelt werden.
Positive Erfahrungsberichte und persönliche Schicksale: Nicht zuletzt verweisen Unterstützer auf die vielen Erfolgsgeschichten von Leihmutterschaften. Zahlreiche Leihmütter berichten, dass sie die Erfahrung keineswegs bereuen, sondern stolz auf ihre Hilfeleistung sind. Eine Langzeitstudie aus Großbritannien fand heraus, dass selbst 10 Jahre nach der Geburt alle befragten Leihmütter die Leihmutterschaft weiterhin positiv bewerteten und keine erhöhten psychischen Probleme aufwiesen [29]. Viele halten den Kontakt zu den Familien und sehen die von ihnen ausgetragenen Kinder aufwachsen, was ihnen zusätzliche Erfüllung gibt. So erzählt die bereits erwähnte Grace Kao, amerikanische Ethikerin, in ihrem Buch von ihrer eigenen Leihmutterschaft für befreundete Eltern und schildert diese als zutiefst sinnstiftende Erfahrung [30[. Für sie war es eine „außerordentliche Möglichkeit, Liebe an Freunde weiterzugeben“, ohne dafür finanzielle Gewinnabsicht zu haben [31]. Ähnlich bewegend sind Geschichten aus der Ukraine während des Kriegs: Dort entschied sich beispielsweise Tamila (36) trotz der Gefahr bereits zum dritten Mal, als Leihmutter zu fungieren. Ihr Mann kämpft an der Front, doch sie sagt: „Ich bin stolz darauf, was ich tue. Ich freue mich, Paaren zu helfen, die keine eigenen Kinder haben können.“ [32]. Solche persönlichen Berichte zeigen die menschliche Seite der Leihmutterschaft: die tiefe Dankbarkeit der Eltern und den Stolz der Leihmütter, Teil eines wunderbaren Geschenks zu sein: nämlich neues Leben zu ermöglichen. Für viele ungewollt kinderlose Paare ist die Leihmutter die „letzte Hoffnung“, und wenn am Ende ein gesundes Kind in ihren Armen liegt, erscheint der unkonventionelle Weg absolut gerechtfertigt.
Leihmutterschaft bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen Hoffnung und Bedenken, zwischen moderner Familienplanung und fundamentalen ethischen Fragen. Die zunehmende Beliebtheit zeigt den starken Wunsch vieler Menschen nach einem eigenen Kind und die Bereitschaft, dafür neue Wege zu gehen. Gleichzeitig macht sie Missstände sichtbar und fordert Gesellschaft und Gesetzgeber heraus, angemessene Antworten zu finden. Ob und wie Leihmutterschaft reguliert oder begrenzt werden soll, ist Gegenstand hitziger Diskussionen. Letztlich gibt es in dieser Debatte keine einfachen Antworten. Wichtig ist eine informierte, differenzierte Auseinandersetzung, die sowohl das Leid ungewollter Kinderlosigkeit als auch die Rechte und die Würde der beteiligten Frauen und Kinder ernst nimmt.
Wie steht ihr zu diesem Thema? Teilt uns eure Meinung mit oder diskutiert mit anderen - die Debatte um Leihmutterschaft geht uns alle an. Indem wir verschiedene Perspektiven verstehen, können wir gemeinsam nach fairen Lösungen suchen, die den Wunsch nach Familie mit dem Schutz von Menschlichkeit und Würde in Einklang bringen.