
Wir sind Martin & Robert – zwei Männer, die den Traum von einer eigenen Familie Schritt für Schritt Realität werden lassen. Auf unserem Weg zur Vaterschaft sind wir durch Höhen und Tiefen gegangen: von purer Freude über Unsicherheiten bis hin zu Herausforderungen, die wir uns so nicht vorgestellt hatten.
Und genau das möchten wir hier mit euch teilen: Was hätten wir gerne vorher gewusst? Welche Learnings hätten uns Zeit, Nerven und Sorgen erspart? Welche Tipps können wir angehenden schwulen Vätern mitgeben?
In diesem Artikel verbinden wir unsere persönlichen Erfahrungen mit aktuellen Zahlen und politischen Entwicklungen (Stand August 2025). Denn wir glauben: Je mehr Sichtbarkeit und Information es gibt, desto leichter wird es für die nächste Generation von Regenbogenfamilien.
Überblick & aktuelle Zahlen zur Regenbogenfamilie in Deutschland
Der Blick auf die Statistik zeigt: Wir sind längst kein exotischer Sonderfall mehr.
- Laut Mikrozensus 2024 leben in Deutschland rund 31.000 gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern unter 18 Jahren.
- Insgesamt wachsen etwa 50.000 Kinder in Regenbogenfamilien auf – die meisten bei zwei Müttern, aber immerhin etwa 9.000 Kinder bei zwei Vätern (Destatis 2025).
- Rund 12 % der deutschen Bevölkerung identifizieren sich als LGBTIQ+. Bei der Generation Z liegt der Anteil sogar bei 22 % (Ipsos Pride Survey 2025).
Diese Zahlen sind wichtig, weil sie zeigen: Regenbogenfamilien sind ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Dass der Mikrozensus diese Daten erhebt, bedeutet zudem, dass Regenbogenfamilien in der offiziellen Familienstatistik angekommen sind.
Mehr Fakten findest du auf unserer Pillar-Page „Regenbogenfamilie“.
Politische Entwicklungen & gesetzlicher Rahmen (Stand 2025)
Selbstbestimmungsgesetz & neue Rechte
Seit dem 1. November 2024 ist das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Für Regenbogenfamilien bedeutet das unter anderem:
- Namens- und Personenstandsänderungen sind einfacher.
- Diskriminierungsschutz wurde gestärkt, z. B. an Schulen oder am Arbeitsplatz.
Zudem gilt seit 2025: sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität sind im Völkerstrafrecht ausdrücklich als Verfolgungsgründe geschützt. Ein klares Signal auf internationaler Ebene.
Akzeptanz & Herausforderungen
Umfragen zeigen:
- 74 % der Deutschen unterstützen gleiche Adoptionsrechte für gleichgeschlechtliche Paare.
- 71 % befürworten die Ehe für alle (Ipsos 2025).
Doch die Realität bleibt ambivalent: Das BKA registrierte 2024 insgesamt 1.152 queerfeindliche Straftaten – ein Anstieg von +35 % im Vergleich zu 2023 (852 Fälle).
Mehr zu diesen Entwicklungen erfährst du in unserem Artikel „Fakten statt Vorurteile – queere Elternschaft im Fokus“.
Unsere persönlichen Erfahrungen
Anekdote 1: Rechtliche Unsicherheiten
Wir erinnern uns an den Moment, als wir erfuhren, dass einer von uns in Deutschland zunächst nicht automatisch als rechtlicher Vater anerkannt würde. Dieses Wissen traf uns mitten ins Herz – und es führte zu langen Abenden voller Sorgen, wie wir unser Kind bestmöglich absichern könnten.
Heute wissen wir: Mit guter juristischer Beratung hätten wir diese Phase entspannter durchlebt.
Anekdote 2: Emotionale Achterbahnfahrt
Es gab Tage, an denen wir vor Vorfreude kaum schlafen konnten – und andere, an denen Zweifel hochkamen. „Schaffen wir das? Werden wir gute Väter sein?“ Besonders in den ersten Wochen der Schwangerschaft mit unserer Tragemutter in den USA war die Fernkommunikation eine echte Herausforderung. Wir mussten lernen, Vertrauen loszulassen und Geduld zu haben.
Anekdote 3: Gesellschaftliche Reaktionen
Während viele Menschen um uns herum unglaublich unterstützend waren, gab es auch Momente, die wehgetan haben – wie der Satz einer entfernten Bekannten: „Aber ein Kind braucht doch eine Mutter, oder?“ Solche Begegnungen haben uns gelehrt, wann es sich lohnt zu diskutieren und wann es besser ist, Energie zu sparen.
Noch mehr persönliche Einblicke teilen wir auf unserer Unterseite „Erfahrungen schwuler Väter“.
Emotionale Vorbereitung – was wir unterschätzt haben
Ein Kind zu bekommen ist immer ein Umbruch – doch für schwule Väter gibt es einige besondere Aspekte:
- Erwartungsdruck: Wir hatten das Gefühl, es „besser“ machen zu müssen, weil uns manche kritisch beäugen.
- Innere Kind-Themen: Viele von uns tragen Erfahrungen von Ausgrenzung oder Ablehnung mit sich. Diese Themen können in der Elternschaft wieder hochkommen.
- Partnerschaft: Unsere Beziehung wurde auf die Probe gestellt. Zwischen Behördengängen, Arztterminen und Planung blieb manchmal wenig Zeit für uns als Paar.
Hier haben uns Coaching, Journaling und regelmäßige Paargespräche enorm geholfen.
Empfehlungen & Learnings für angehende schwule Väter
1. Holt euch rechtliche Beratung
Ob Leihmutterschaft, Adoption oder Stiefkindadoption – informiert euch frühzeitig. Gute Anlaufstellen sind z. B. der LSVD oder spezialisierte Kanzleien.
2. Baut euer Netzwerk auf
Sucht Kontakt zu anderen Vätern. Online-Plattformen wie 2beGoodDads oder regionale Regenbogenfamilien-Vereine bieten wertvolle Unterstützung.
3. Achtet auf eure mentale Gesundheit
Wir empfehlen:
- Journaling oder Meditation, um die eigene Gefühlswelt zu ordnen.
- Paartherapie oder Coaching, um früh Konflikte zu besprechen.
4. Plant Finanzen realistisch
Die Kosten einer Leihmutterschaft oder auch rechtlicher Verfahren können höher sein als gedacht. Wir haben dazu einen ausführlichen Artikel geschrieben: „Was kostet eine Leihmutterschaft in den USA?“.
💡 Top 3 Learnings auf einen Blick
- Informiert euch früh über rechtliche Rahmenbedingungen.
- Sucht euch ein starkes Netzwerk.
- Kümmert euch bewusst um eure mentale Gesundheit.
Wir haben gelernt: Vater zu werden ist kein linearer Plan, sondern eine Reise voller Überraschungen. Manche Hürden hätten wir gerne früher verstanden, doch am Ende sind sie Teil unserer Geschichte – und machen uns zu den Eltern, die wir heute sind.
- Welche Learnings habt ihr bereits gesammelt? Teilt es gerne in den Kommentaren!
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- Hört unseren Podcast, in dem wir ausführlicher über unsere Erfahrungen sprechen.
Quellen
- Destatis, Mikrozensus 2024 („Familienformen in Deutschland“)
- Ipsos Pride Survey 2025
- BKA, Politisch motivierte Kriminalität 2024
- LSVD+ Verband Queere Vielfalt, 2025
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