Leihmutterschaft ist weltweit sehr unterschiedlich geregelt – von klaren, inklusiven Strukturen bis hin zu strikten Verboten mit Strafandrohung. Dieser Überblick zeigt, welche Modelle es gibt, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen in wichtigen Ländern aussehen und welche besonderen Herausforderungen LGBTQ+-Paare beachten müssen. Am Ende erklären wir, warum wir uns bewusst für Kalifornien entschieden haben. Update 2025
Inhalt
- Formen der Leihmutterschaft
- Länder im Vergleich – Recht, LGBTQ+-Zugang & Risiken
- Anerkennung & Staatsbürgerschaft bei internationaler Leihmutterschaft
- Internationale Abkommen & Regulierung
- LGBTQ+-spezifische Herausforderungen
- Ethische & menschenrechtliche Aspekte
- Unsere Entscheidung für Kalifornien
- Mehr dazu in unserem Podcast
- Weiterführende Links & Quellen
Formen der Leihmutterschaft
Grundsätzlich werden zwei medizinische Formen unterschieden:
- Traditionelle Leihmutterschaft: Die Leihmutter ist genetische Mutter des Kindes (eigene Eizelle).
- Gestationelle Leihmutterschaft: Die Leihmutter trägt ein Embryo aus, der aus Eizellen und Spermien der Wunscheltern oder von Spender*innen stammt.
Daneben unterscheidet man rechtlich zwischen:
- Altruistischer Leihmutterschaft: Erlaubt ist nur Aufwandsentschädigung und Kostenerstattung.
- Kommerzieller Leihmutterschaft: Zusätzlich zur Kostenerstattung werden Vergütungen gezahlt.
Welche Modelle zulässig sind, hängt vom jeweiligen Land ab.
Leihmutterschaft weltweit im Vergleich
Der folgende Überblick fasst die rechtliche Situation, den Zugang für LGBTQ+-Paare und typische Konfliktlinien in ausgewählten Ländern zusammen. Im Detail unterscheiden sich Abläufe, Kosten und Anerkennungsverfahren stark – vor allem bei grenzüberschreitenden Fällen.
Deutschland: Strenges Verbot & komplexe Rückkehr
Rechtliche Situation
In Deutschland ist Leihmutterschaft faktisch verboten. Verschiedene Gesetze (u. a. Embryonenschutzgesetz und Adoptionsvermittlungsgesetz) untersagen sowohl die Durchführung als auch die Vermittlung, altruistische und kommerzielle Modelle werden rechtlich nicht unterschieden, weil die Praxis insgesamt untersagt ist.
Auswirkungen für Paare
Viele Paare, darunter auch Regenbogenfamilien, weichen auf Länder mit klarer Rechtslage aus und stehen anschließend vor der schwierigen Frage, wie Elternschaft und Staatsbürgerschaft des Kindes in Deutschland anerkannt werden.
Mehr Hintergründe zur Situation von Regenbogenfamilien in Deutschland findest du auf unserer Regenbogenfamilien-Pillar-Seite.
USA (Fokus Kalifornien): Einer der sichersten Orte für LGBTQ+-Eltern
Rechtliche Situation
In den USA wird Leihmutterschaft auf Ebene der Bundesstaaten geregelt. Kalifornien gehört zu den fortschrittlichsten und leihmutterschaftsfreundlichsten Staaten: Gestationelle, auch kommerzielle Leihmutterschaft ist dort erlaubt und gut reguliert. Gerichtliche Anordnungen (z. B. Pre-Birth Orders) können Elternrechte bereits vor der Geburt festlegen.
Rechtliche Situation für LGBTQ+-Paare
Kalifornien bietet gleichgeschlechtlichen Paaren eine sehr inklusive Umgebung. In vielen Fällen können beide Elternteile von Anfang an als rechtliche Eltern anerkannt werden, unabhängig vom Geschlecht oder vom Familienmodell.
Typische Kosten & praktische Aspekte
Die Gesamtkosten liegen meist im hohen fünf- bis sechsstelligen Bereich und umfassen medizinische Leistungen, Vergütung der Tragemutter, Agenturkosten und juristische Gebühren.
Eine detaillierte Aufschlüsselung aller Kostenblöcke findest du in unserem Guide „Was kostet eine Leihmutterschaft in den USA?“. Den Ablauf von der ersten Beratung bis zur Anerkennung beschreiben wir auf unserer Seite „Leihmutterschaft USA – Ablauf & Anerkennung“.
Kanada: Altruistische Optionen mit LGBTQ+-freundlichem Rahmen
Rechtliche Situation
In Kanada ist nur altruistische Leihmutterschaft erlaubt. Der Assisted Human Reproduction Act bildet den rechtlichen Rahmen. Vergütet werden dürfen ausschließlich nachweisbare Auslagen der Tragemutter, kommerzielle Zahlungen sind untersagt.
Rechtliche Situation für LGBTQ+-Paare
Kanada gilt als sehr LGBTQ+-freundlich. Gleichgeschlechtliche Paare haben grundsätzlich Zugang zur Leihmutterschaft, Details zur Elternschaft unterscheiden sich jedoch je nach Provinz.
Chancen & Grenzen
Der rechtliche Schutz ist hoch, zugleich können Wartezeiten und die begrenzte Zahl von Tragemüttern herausfordernd sein, weil kommerzielle Vergütung nicht erlaubt ist.
Großbritannien: Altruistische Leihmutterschaft mit rechtlichen Grauzonen
Rechtliche Situation
Altruistische Leihmutterschaft ist erlaubt, kommerzielle Zahlungen sind untersagt. Leihmutterschaftsvereinbarungen sind rechtlich nicht bindend. Die rechtliche Elternschaft wird erst nach der Geburt über eine Parental Order übertragen.
Rechtliche Situation für LGBTQ+-Paare
Gleichgeschlechtliche Paare können eine Parental Order beantragen und als Eltern anerkannt werden. Vor der endgültigen Entscheidung des Gerichts besteht jedoch häufig eine Phase rechtlicher Unsicherheit.
Besondere Herausforderungen
Die Kombination aus Werbebeschränkungen, nicht bindenden Vereinbarungen und der späten Festlegung der Elternschaft macht die Planung komplex, auch wenn das System vielen Familien gute Lösungen bietet.
Indien: Starke Einschränkungen & Ausschluss für Ausländer*innen
Rechtliche Situation
Indien hat die zuvor verbreitete kommerzielle Leihmutterschaft für internationale Paare stark eingeschränkt. Heute ist Leihmutterschaft nur noch unter engen Voraussetzungen für bestimmte Gruppen indischer Staatsangehöriger erlaubt.
Situation für LGBTQ+-Paare
LGBTQ+-Paare sind vom Zugang zur Leihmutterschaft ausgeschlossen. Für internationale, gleichgeschlechtliche Paare ist Indien daher keine Option mehr.
Thailand: Vom Hotspot zum stark regulierten Markt
Rechtliche Situation
Nach internationalen Skandalen wurde der Zugang für ausländische Paare stark eingeschränkt. Kommerzielle Leihmutterschaft für Ausländer*innen ist untersagt, Leihmutterschaft ist nur noch in engen Konstellationen innerhalb Thailands möglich.
Situation für LGBTQ+-Paare
Gleichgeschlechtliche Paare haben derzeit faktisch keinen legalen Zugang zur Leihmutterschaft in Thailand.
Italien: Strenges Verbot mit extraterritorialen Sanktionen
Rechtliche Situation
In Italien ist Leihmutterschaft verboten. Gesetzesverschärfungen ermöglichen es zudem, italienische Staatsbürger*innen zu bestrafen, wenn sie im Ausland eine Leihmutterschaft in Anspruch nehmen. Damit gehört Italien zu den restriktivsten Ländern weltweit.
Situation für LGBTQ+-Paare
Für Regenbogenfamilien ist die Situation besonders schwierig, weil neben dem Verbot der Leihmutterschaft auch die Anerkennung von im Ausland geborenen Kindern gleichgeschlechtlicher Eltern problematisch sein kann.
Griechenland: Regulierte, aber eingeschränkte Optionen
Rechtliche Situation
Griechenland erlaubt gestationelle, altruistische Leihmutterschaft unter strengen Voraussetzungen. Eine gerichtliche Genehmigung ist vor dem Embryotransfer erforderlich, die Leihmutter darf nicht ihre eigenen Eizellen verwenden.
Situation für LGBTQ+-Paare
Der Zugang ist im Wesentlichen auf heterosexuelle Paare und alleinstehende Frauen beschränkt. Männliche gleichgeschlechtliche Paare haben aktuell keinen regulären Zugang.
Ukraine: Kommerzielle Leihmutterschaft mit erhöhten Risiken
Rechtliche Situation
Die Ukraine war lange ein wichtiges Ziel für internationale Leihmutterschaft, weil kommerzielle Modelle erlaubt sind und Wunscheltern als rechtliche Eltern in die Geburtsurkunde eingetragen werden können.
Aktuelle Risiken
Durch den Krieg haben sich Risiken deutlich erhöht: Grenzschließungen, Sicherheitslage und organisatorische Probleme können zu erheblichen Unsicherheiten für Kinder, Tragemütter und Wunscheltern führen.
Situation für LGBTQ+-Paare
Der Zugang ist auf verheiratete heterosexuelle Paare beschränkt. Für gleichgeschlechtliche Paare ist die Ukraine keine reguläre Option.
Anerkennung & Staatsbürgerschaft bei internationaler Leihmutterschaft
Bei grenzüberschreitenden Fällen ist nicht nur das Recht des Geburtslandes relevant, sondern auch das Recht des Heimatlandes. Besonders wichtig sind:
- die Anerkennung der ausländischen Gerichtsentscheidung oder Geburtsurkunde
- die Frage, wer nach dem Heimatrecht als rechtliche Eltern gilt
- ob und wie das Kind die Staatsbürgerschaft der Eltern erhält
Für Deutschland bedeutet das häufig zusätzliche Verfahren wie Stiefkindadoption oder Anerkennung ausländischer Entscheidungen. Auf unserer Seite „Leihmutterschaft USA – Ablauf & Anerkennung“ gehen wir auf diese Schritte detaillierter ein.
Internationale Abkommen & Regulierung
Weil Staaten sehr unterschiedlich mit Leihmutterschaft umgehen, entstehen Rechtslücken und Grauzonen. Internationale Institutionen arbeiten deshalb an Mindeststandards und Verfahren zur Anerkennung von Elternschaft.
- Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (HCCH): arbeitet an Instrumenten zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Elternschaft, mit Fokus auf Kindeswohl und Vermeidung von Kinderhandel.
- Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR): betont in mehreren Urteilen das Recht des Kindes auf eine gesicherte rechtliche Eltern-Kind-Beziehung, unabhängig von der Art der Zeugung.
- UN-Gremien und Kinderrechtsausschuss: befassen sich mit Risiken von Ausbeutung und fordern Staaten auf, Kinder aus Leihmutterschaften wirksam zu schützen.
LGBTQ+-spezifische Herausforderungen
Für LGBTQ+-Paare kommen zu den allgemeinen Hürden oft zusätzliche Fragen hinzu:
- In manchen Ländern sind gleichgeschlechtliche Paare ausdrücklich von Leihmutterschaft ausgeschlossen.
- Manchmal wird nur ein Elternteil (etwa der genetische Vater) anerkannt, der zweite Elternteil muss nachträglich Elternrechte erwerben.
- Einige Agenturen werben mit Schlupflöchern oder de facto illegalen Modellen – hier ist besondere Vorsicht geboten.
Für uns war klar, dass wir nur in einem Setting starten, in dem der Prozess transparent geregelt ist und alle Beteiligten geschützt sind.
Ethische & menschenrechtliche Aspekte
Die Debatte um Leihmutterschaft dreht sich häufig um die Balance zwischen reproduktiver Selbstbestimmung und Schutz vor Ausbeutung. Typische Themen sind:
- Wirtschaftliche Abhängigkeit: In einigen Ländern stammen Tragemütter aus prekären Verhältnissen, was Fragen nach Freiwilligkeit und fairer Vergütung aufwirft.
- Kommerzialisierung von Schwangerschaft: Kritiker*innen warnen davor, Schwangerschaft und Kinder wie Waren zu behandeln.
- Rechte der Tragemütter: Entscheidend sind umfassende Aufklärung, unabhängige Beratung und medizinische Versorgung vor, während und nach der Schwangerschaft.
- Kindeswohl: Langfristige Stabilität, Transparenz über die eigene Herkunft und rechtliche Sicherheit sind zentrale Kriterien für ein kindgerechtes System.
Viele Länder setzen deshalb auf strenge Regularien, verpflichtende Beratung und klare Vertragsstrukturen, um alle Beteiligten bestmöglich zu schützen.
Unsere Entscheidung für Kalifornien
Nach intensiver Recherche und Gesprächen mit anderen Familien haben wir uns bewusst für Kalifornien entschieden. Ausschlaggebend waren für uns:
- Rechtliche Sicherheit: klare Regeln, Pre-Birth Orders und die Möglichkeit, von Anfang an als Eltern anerkannt zu werden.
- LGBTQ+-Inklusivität: gleichberechtigter Zugang für Regenbogenfamilien und hohe gesellschaftliche Akzeptanz.
- Transparenter Prozess: klare Abläufe von der Beratung über Matching und medizinische Schritte bis zur Anerkennung in Deutschland.
- Schutz aller Beteiligten: Fokus auf das Wohl von Kind und Tragemutter, nicht nur auf unseren Kinderwunsch.
Auch wenn die Kosten höher sind als in anderen Ländern, überwog für uns das Gefühl von Sicherheit, Fairness und Transparenz – besonders mit Blick auf unser zukünftiges Kind und unsere Tragemutter.
Mehr dazu in unserem Podcast
In unserem Podcast sprechen wir ausführlich über unsere Entscheidung, die Suche nach der passenden Tragemutter, die rechtlichen Fragen und die ethischen Überlegungen, die uns auf dem Weg begleitet haben.
👉 Hier geht es zur Podcast-Übersicht
Ergänzend lohnt sich ein Blick auf unsere weiteren Cluster:
Weiterführende Links & Quellen zum Weiterlesen
Eine Auswahl von Organisationen und offiziellen Dokumenten, die beim tieferen Einstieg in das Thema hilfreich sein können:
- Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (HCCH)
- Deutscher Ethikrat – Stellungnahmen zur Leihmutterschaft
- California Family Code – Regelungen zur Elternschaft in Kalifornien
- Kanada – Assisted Human Reproduction Act (AHRA)
- UK – Surrogacy Arrangements Act
- UN-, UNICEF- und WHO-Berichte zu Kinderrechten und reproduktiver Gesundheit