Anerkennung einer US Geburt in Deutschland: Was Regenbogenfamilien wissen müssen

Veröffentlicht am 31. Oktober 2025 um 18:24

Für viele Regenbogenfamilien, die in den USA ein Kind bekommen, beginnt nach der Geburt ein zweiter Behördenweg: Wie wird die US Geburt in Deutschland anerkannt? Und vor allem: Wer gilt in Deutschland als rechtlicher Elternteil?

Gerade für zwei Väter oder zwei Mütter ist dieser Schritt essenziell. Die deutsche Rechtsordnung prüft nicht nur Dokumente, sondern ordnet die rechtliche Elternschaft nach eigenen Regeln zu. Deshalb hängt viel davon ab:

  • ob ein Gericht oder nur eine Behörde entschieden hat

  • ob es eine genetische Verbindung gibt

  • ob die Eltern verheiratet oder unverheiratet sind

Dieser Leitfaden erklärt in klarer, alltagsnaher Sprache:

  • die drei wichtigsten Unterscheidungen bei der Anerkennung

  • welche Dokumente entscheidend sind

  • wie der Ablauf zwischen Konsulat, Standesamt und Familiengericht funktioniert

  • welche Besonderheiten für zwei Väter und zwei Mütter gelten

  • und zeigt zwei Beispiele, damit du deine eigene Situation einordnen kannst

Rechtlicher Hinweis: Dies ist keine Rechtsberatung und ersetzt keine anwaltliche Auskunft. Für verbindliche Aussagen zu Ihrer individuellen Situation sollten Sie anwaltliche Beratung einholen.

Zwei Väter stehen lächelnd nebeneinander vor einem modernen Gebäude, halten ihr schlafendes Baby im Arm und zeigen einen deutschen Reisepass in die Kamera.

Grundlagen: Was Deutschland wirklich prüft

Gerichtliche Entscheidung vs. Registrierung

Deutschland unterscheidet klar zwischen:

Gerichtlicher Entscheidung (Parentage Order)

Ein Gericht hat geprüft und per Urteil entschieden, wer die rechtlichen Eltern sind.

Konsequenz:
Solche Entscheidungen werden in Deutschland meist anerkannt, gestützt auf § 108 FamFG.
Ein zusätzliches deutsches Verfahren ist oft nicht nötig.

Alltagsformulierung:
„Wenn ein Gericht entschieden hat, übernimmt Deutschland das meistens."

Bloße Registrierung (Eintrag in der Geburtsurkunde)

Wenn beide Eltern in der US Geburtsurkunde stehen, aber kein Gericht beteiligt war, gilt das in Deutschland nicht als Sachentscheidung.

Konsequenz:
Deutschland erkennt diese Eintragung nicht automatisch an.
Stattdessen gilt zunächst: Mutter ist, wer das Kind geboren hat.
Weitere Elternteile müssen ggf. adoptieren oder ein deutsches Verfahren durchlaufen.

Alltagsformulierung:
„Wenn nur die Behörde einträgt, reicht das nicht. Deutschland will eine gerichtliche Prüfung."

Der Weg: Konsulat → Standesamt → ggf. Familiengericht

Benötigte Schlüssel-Dokumente

  • US Geburtsurkunde

  • Gerichtlicher Parentage Order

  • Apostillen

  • Beglaubigte deutsche Übersetzungen

  • Identitätsdokumente

  • Nachweis der genetischen Abstammung (seit 1. Mai 2025 in vielen Fällen zwingend)

Neue Anweisung vom 1. Mai 2025 – wichtig für Leihmutterschaft

Seit dem 1. Mai 2025 prüfen deutsche Konsulate in den USA und Kanada strenger, wenn ein Kind durch eine Leihmutterschaft geboren wurde.

Wesentliche Änderungen:

  • Häufig muss ein genetischer Nachweis zu mindestens einem Elternteil erbracht werden

  • Ohne genetischen Nachweis wird oft empfohlen: deutsche Adoption oder gerichtliches Verfahren

  • Die Dokumentation muss lückenlos und eindeutig sein

Empfehlung: Vor der Geburt mit dem zuständigen Konsulat schriftlich Kontakt aufnehmen.

Das deutsche Konsulat

Das Konsulat prüft unter anderem:

  • Staatsangehörigkeit des Kindes

  • rechtliche Elternschaft nach deutschem Verständnis

  • Echtheit und Form der Dokumente

  • genetische Verbindung (falls Leihmutterschaft)

  • Rechtskraft des Parentage Orders

In einigen Fällen erfolgt die Passausstellung gestützt auf § 36 Absatz 2 PStG, auch wenn noch nicht alle Fragen abschließend geklärt sind.
Das bedeutet: Dein Kind kann einen vorläufigen Pass erhalten, während die endgültige Elternzuordnung noch geprüft wird. Das verschafft Zeit, fehlende Dokumente nachzureichen, ohne dass ihr im Ausland feststeckt.

Das deutsche Standesamt

Vor Eintragung der Geburt in das deutsche Register prüft das Standesamt:

  • Liegt ein Gerichtsbeschluss vor?

  • Ist er rechtskräftig?

  • Verstößt etwas gegen grundlegende Rechtsprinzipien (ordre public)?

  • Wie wurde das US Verfahren durchgeführt?

  • Gibt es eine genetische Verbindung?

Erst dann wird die Geburt in Deutschland eingetragen.

Besonderheiten für zwei Väter

Es gibt drei typische Szenarien:

Szenario 1: Ein Vater ist genetisch verwandt + Gerichtsbeschluss vorhanden

Das ist der unkomplizierteste Fall.

  • Konsulat erkennt die genetische Verbindung an

  • Gerichtsbeschluss wird nach § 108 FamFG übernommen

  • beide Väter werden eingetragen

Beispiel – Zwei Väter mit gerichtlicher Entscheidung
Ein Paar aus Bayern bekommt ein Kind in Kalifornien.
Ein Vater ist genetisch verwandt. Das Gericht stellt beide als rechtliche Väter fest.
→ Das deutsche Standesamt übernimmt beide.
Warum? Es gab eine richterliche Prüfung.

Szenario 2: Keiner der Väter ist genetisch verwandt, aber es gibt einen Parentage Order

Das ist der schwierigste Fall.

Deutschland prüft hier besonders streng:

  • War das Verfahren in den USA rechtsstaatlich?

  • Wurde die Tragemutter freiwillig angehört?

  • Könnte ein ordre public Verstoß vorliegen?

  • Warum fehlt jede genetische Verbindung?

Realität:
Viele Standesämter lehnen in dieser Konstellation die Anerkennung ab.
Ein deutsches Gerichtsverfahren oder eine Adoption ist sehr wahrscheinlich.
Empfehlung: frühzeitig juristische Beratung einholen.

Szenario 3: Eintragung ohne Gerichtsbeschluss

Wenn nur eine Behörde beide Väter einträgt:

  • der genetische Vater kann häufig anerkannt werden

  • der zweite Vater nicht

  • dieser muss adoptieren oder ein deutsches Verfahren beantragen

Besonderheiten für zwei Mütter

Nach deutschem Recht gilt:

  • Mutter ist, wer das Kind geboren hat (§ 1591 BGB)

  • eine zweite Mutter wird nicht automatisch anerkannt

  • die Co Mutter muss in Deutschland adoptieren

Hinweis:
Seit 2021 gibt es in Deutschland eine Ausnahme für ROPA (gegenseitiger Eizelltransfer), wenn die Geburt in Deutschland erfolgt. Dort werden beide Mütter automatisch eingetragen.
Dieser Artikel behandelt jedoch US Geburten.
In der Praxis gilt dort: Die gebärende Mutter wird automatisch anerkannt. Die genetische Mutter benötigt einen Gerichtsbeschluss oder muss adoptieren.

Beispiel – Zwei Mütter bei US Geburt
Ein Paar aus Hessen bekommt ein Kind in den USA.
Eine Mutter trägt aus, die Partnerin ist genetisch verwandt.
Das US Gericht bestätigt beide als Mütter.
→ Deutschland erkennt: gebärende Mutter ja, genetische Mutter nur bei Gerichtsbeschluss.
Ohne Gericht: Adoption erforderlich.

Verheiratet vs. unverheiratet

In vielen US Staaten wirkt sich der Ehestatus auf die Dokumente aus.

Verheiratete Paare

Das Kind der verheirateten Person gilt oft automatisch als ihr Kind.
Für die Anerkennung in Deutschland reicht das jedoch nicht – ein Gerichtsbeschluss ist immer ratsam.

Unverheiratete Paare

Hier wird häufig ein Parentage Order oder ein zusätzliches Sorgerechtsverfahren verlangt.
Mehr Dokumente, mehr Prüfungen, mehr Zeit.

Entscheidend bleibt: Deutschland erkennt nur gerichtliche Entscheidungen an.

Ordre public – wann Deutschland nicht anerkennt

Deutschland kann die Anerkennung ablehnen, wenn grundlegende Rechtsprinzipien verletzt scheinen. Beispiele:

  • Zweifel an der Freiwilligkeit der Tragemutter
    (etwa unklare finanzielle Verhältnisse oder mögliche Abhängigkeiten)

  • fehlende Anhörung der Tragemutter im US Verfahren

  • intransparente Abläufe oder unklare Dokumentenlage

  • kein Gerichtsurteil, sondern nur Registrierung

  • keine genetische Verbindung in bestimmten Konstellationen

  • Hinweise auf Umgehung deutscher Rechtsordnung

Alltagsformulierung:
„Wenn etwas grundlegende Zweifel aufwirft, prüft Deutschland genauer."

Tipps & Learnings aus der Community

  • Konsulat vor der Geburt kontaktieren

  • am besten schriftlich, damit alle Aussagen dokumentiert sind

  • Parentage Order früh finalisieren

  • Dokumente mehrfach beglaubigen lassen

  • Übersetzungen in Deutschland beauftragen

  • Standesamt vorab kontaktieren

  • bei komplexen Fällen anwaltliche Begleitung einplanen

Wenn du dir Orientierung oder Struktur in diesem Prozess wünschst: In Martins Coaching arbeiten viele werdende Eltern genau an diesen Fragen.

Was du mitnimmst

  • Du verstehst die zentralen Unterschiede für die Anerkennung

  • Du weißt, wann Deutschland US Entscheidungen übernimmt

  • Du erkennst dein eigenes Szenario wieder

  • Du kennst die Regeln seit dem 1. Mai 2025

  • Du weißt, wann Adoption oder ein deutsches Verfahren nötig wird

Mini FAQ

Was ist der Unterschied zwischen Parentage Order und Registrierung?
Ein Parentage Order ist ein Gerichtsbeschluss. Eine Registrierung ist nur ein Eintrag. Nur der Gerichtsbeschluss wird in Deutschland meist anerkannt.

Kann das deutsche Standesamt einen US Gerichtsbeschluss ablehnen?
Ja, in seltenen Fällen, zum Beispiel wenn Zweifel an der Freiwilligkeit der Tragemutter bestehen oder ein möglicher ordre public Verstoß vorliegt. Das ist jedoch die Ausnahme.

Wie hat sich der Prozess seit dem 1. Mai 2025 verändert?
Es muss häufiger eine genetische Verbindung nachgewiesen werden. Die Prüfung ist strenger.

Kann ich schon vor der Geburt klären, was ich brauche?
Ja. Konsulate und viele Standesämter empfehlen das ausdrücklich.

Was passiert, wenn das Standesamt nicht anerkennt?
Dann wird meist ein deutsches Gerichtsverfahren oder eine Adoption notwendig.

Wie lange dauert alles?
Zwischen einigen Wochen und mehreren Monaten, je nach Fall.


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