Von Rollenklischees zu echter Gleichberechtigung – ein Erfahrungsbericht

Veröffentlicht am 23. August 2025 um 17:26

Wenn wir heute über Gleichberechtigung in der Familie sprechen, klingt das oft wie ein modernes Ideal. Doch in der Realität begegnen uns immer noch viele Rollenklischees: Väter, die „helfen“, statt Verantwortung zu übernehmen, Mütter, die als „natürlich zuständig“ gelten, und Regenbogenfamilien, die sich zusätzlich mit gesellschaftlichen Vorurteilen auseinandersetzen müssen. Wir - Martin und Robert - erleben als schwules Paar hautnah, wie tief diese Bilder in den Köpfen sitzen. Gleichzeitig erfahren wir, wie befreiend es sein kann, sich davon zu lösen und echte Gleichberechtigung zu leben.

Rollenklischees - hartnäckig und alltäglich

Ob in der Werbung, auf Elternabenden oder in Smalltalks: Immer wieder wird uns signalisiert, dass Elternschaft in erster Linie weiblich gedacht wird. Sprüche wie „Wer von euch beiden ist dann die Mutter?“ zeigen, wie stark traditionelle Bilder wirken. Auch heterosexuelle Paare berichten, dass Care-Arbeit oft ungleich verteilt bleibt, trotz guter Vorsätze. Studien belegen, dass Frauen in Deutschland noch immer den Großteil der unbezahlten Familienarbeit übernehmen, während Männer stärker im Beruf verankert sind.

Unser Weg als schwule Väter

Für uns war von Anfang an klar: Elternschaft funktioniert nur als Teamarbeit. Weil es in unserer Beziehung keine vorgeprägten Geschlechterrollen gibt, mussten wir Aufgaben von Grund auf neu verhandeln. Wer übernimmt welche Verantwortung? Wer kümmert sich um die Nächte, wer um die Finanzen, wer um die emotionale Begleitung? Wir merken, dass wir durch unser Modell auch anderen Paaren Mut machen können: Gleichberechtigung heißt nicht, dass alles 50/50 sein muss, sondern dass beide Partner gleichermaßen Verantwortung tragen.

Stimmen aus der Community

Viele Regenbogenfamilien, mit denen wir im Austausch stehen, erleben ähnliche Muster. Einerseits befreit es, nicht in alte Rollenerwartungen zu fallen. Andererseits begegnen queere Familien immer wieder subtilen Erwartungen von außen: „Ach, dann bist du also der Strenge und du der Fürsorgliche?“ Solche Zuschreibungen zeigen, dass wir als Gesellschaft noch einiges an Akzeptanz und Aufklärung brauchen. Studien zur modernen Vaterschaft belegen, dass Kinder besonders dann profitieren, wenn beide Elternteile emotional präsent und gleichberechtigt verantwortlich sind,  unabhängig vom Geschlecht.

Unsere Learnings und Tipps für mehr Gleichberechtigung

  • Bewusst reden: Offene Kommunikation ist der Schlüssel. Wir sprechen regelmäßig darüber, wie wir uns fühlen und ob die Aufteilung noch passt.

  • Rollen neu denken: Statt in „klassische“ Schubladen zu fallen, überlegen wir: Wer hat gerade die Energie, die Zeit oder die Kompetenz?

  • Netzwerk nutzen: Austausch mit anderen Familien - ob hetero oder queer - hilft, eigene blinde Flecken zu erkennen.

  • Strukturen ändern: Auch gesetzlich und gesellschaftlich braucht es bessere Rahmenbedingungen. Elternzeitmodelle oder flexible Arbeitszeiten können Gleichberechtigung fördern.

Gleichberechtigung als tägliche Praxis

Von außen betrachtet, mag unser Modell ungewöhnlich wirken. Für uns fühlt es sich ganz normal an: eine Partnerschaft auf Augenhöhe, in der beide Verantwortung tragen. Wir wissen, dass wir als Regenbogenfamilie sichtbar machen können, dass Gleichberechtigung kein Ideal, sondern eine gelebte Realität ist, Schritt für Schritt, mit allen Herausforderungen.

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