
Europa bleibt ein Flickenteppich, wenn es um die Rechte von LGBTQ+-Familien geht: Während Länder wie Spanien, Dänemark oder Belgien sehr weit sind, verschärfen andere Staaten die Lage. Deutschland hat seit 2017 viel bewegt (Eheöffnung), ist 2025 im ILGA-Europe Ranking so gut platziert wie nie – und trotzdem bleibt das Abstammungsrecht die große Baustelle. In diesem Vergleich zeigen wir aktuelle Zahlen, politische Entwicklungen und unsere Erfahrungen als Martin & Robert – zwei Papas, die bald mit Kind(ern) Europa erleben.
Kurz gesagt: Wo stehen wir – und was heißt das für euren Alltag als Regenbogenfamilie?
Aktueller Überblick (Zahlen & Rankings)
- Ehe für alle in Europa: In 22 europäischen Ländern ist die gleichgeschlechtliche Ehe legal (u. a. seit 2024 auch Griechenland, seit 2024/25 Estland und Liechtenstein). Innerhalb der EU sind es aktuell 16 von 27 Mitgliedstaaten.
- Adoption: Gemeinsame Adoption ist in 23 europäischen Ländern möglich; davon mindestens 17 EU-Staaten (z. B. NL, BE, ES, DK, FI, FR, DE, IE, LU, MT, AT, PT, SE, SI, EE, EL, HR).
- Deutschland im Ranking 2025: Platz 8 in Europa mit 69 Punkten – die beste deutsche Platzierung seit Start des Index.
- Öffentliche Meinung: Laut Eurobarometer 2023 befürworten ~72 % der EU-Bürger:innen die Ehe für alle; in Deutschland ~84 %.
Deutschland 2025: Wo wir stark sind – und wo es hakt
Fortschritte
- Eheöffnung seit 1.10.2017.
- Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft seit 1.11.2024 – verbessert u. a. die rechtliche Anerkennung von trans*, inter* und nichtbinären Menschen. Das hat Deutschlands ILGA-Punkte mit nach oben geschoben.
Offene Lücken: Abstammungsrecht & Elternschaft
- In Zwei-Mütter-Familien wird die Co-Mutter bei Geburt weiterhin nicht automatisch anerkannt – häufig bleibt nur die Stiefkindadoption.
- Reformstatus 2025: Das BMJ legte im Dezember 2024 einen Diskussionsentwurf zur Modernisierung des Abstammungsrechts vor (u. a. automatische Co-Mutterschaft). Die Reform ging in der letzten Legislatur nicht mehr durchs Parlament; der Bundesrat forderte am 23.05.2025 erneut Änderungen zugunsten von Zwei-Mütter-Familien. Die neue Bundesregierung hat das Thema (Stand heute) nicht umgesetzt.
Unsere Erfahrung (Martin & Robert):
Auf Reisen durch Europa erleben wir, wie unterschiedlich Elternschaft anerkannt wird. In Spanien lief alles reibungslos – in Deutschland brauchten Freundinnen von uns Monate bis zur Adoption der Co-Mutter. Das ist emotional belastend und im Notfall (z. B. Klinik) riskant.
Vergleich: Deutschland vs. ausgewählte Länder
Spanien – „Best Practice“ im Alltag
Ehe & Adoption seit vielen Jahren etabliert, REPRO-Zugang (medizinisch assistierte Fortpflanzung) inkl. breiter Praxis. Spanien gehört 2025 zu den Top-Ländern im ILGA-Index.
Takeaway: Sehr gute Rechtssicherheit im Alltag.
Frankreich – Fortschritte bei Anerkennung von im Ausland geborenen Kindern
Ehe & Familiengründung: Ehe für alle seit 2013; Zugang zur medizinisch assistierten Reproduktion (MAP) für lesbische Paare seit 2021.
Anerkennung von im Ausland durch Leihmutterschaft geborenen Kindern: Der Kassationshof hat im Oktober 2024 klargestellt, unter welchen Voraussetzungen ausländische Entscheidungen zur Elternzuordnung anerkannt werden. In der Folge präzisierte das Justizministerium im April 2025 die Verwaltungspraxis: Ausländische Urteile, die die Elternschaft feststellen, können – bei Erfüllung der Kriterien – registriert werden, ohne zwingend den Umweg über eine Adoption zu gehen.
Takeaway: Mehr Rechtssicherheit bei der direkten Anerkennung von Elternschaft (in klar geregelten Fällen), aber weiterhin einzelfallabhängig.
Niederlande & Dänemark – konsequente Anerkennung
Vorreiter bei Ehe/Adoption; in der Praxis nahtlosere Anerkennung von Elternschaft (z. B. automatische Co-Mutterschaft in NL seit Jahren). Hohe Platzierungen im ILGA-Ranking.
Griechenland – der große Sprung 2024
Ehe für alle + Adoption seit Februar 2024 (erstes mehrheitlich orthodoxes Land mit Eheöffnung). Surrogacy bleibt eingeschränkt.
Takeaway: Starker politischer Move – unmittelbare Wirkung für Familienrechte.
Polen & Ungarn – Gegenwind
Keine Ehe/Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare; teils restriktivere Politik.
Ungarn 2025: Verfassungsänderung + Gesetzespaket ermöglichen Verbote bzw. massive Einschränkungen von Pride-Events; breite EU-Kritik.
Takeaway: Rechtliche und gesellschaftliche Risiken beim Reisen/Umzug.
Zahlen kompakt
- Ehe für alle: 22 Länder in Europa; 16 in der EU.
- Gemeinsame Adoption: 23 Länder in Europa (davon mindestens 17 EU-Staaten).
- Deutschland (ILGA 2025): Platz 8, 69/100 Punkten.
- Einstellung in der EU: ~72 % pro Ehe für alle; DE ~84 %.
Was heißt das konkret für Familien?
Reisen & Umzug innerhalb der EU
- Achtung bei Ländern ohne Ehe/Partnerschaft/Adoption: Prüft vorab, wie Sorge-/Vertretungsrechte anerkannt werden (Vollmachten, Geburtsurkunde, ggf. beglaubigte Übersetzungen).
- Tipp: Führt eine Dokumentenmappe (Reisepässe, Geburtsurkunde, Sorgerechtsnachweise).
Geburt & Elternschaft in Deutschland
- Zwei-Mütter-Familien: Rechtzeitig die Stiefkindadoption anstoßen (Notar, Jugendamt, Gericht); ggf. Sorgerechtsvollmacht übergangsweise.
- Zwei-Väter-Familien (Auslands-Surrogacy): Anerkennung komplex; frühzeitig eine spezialisierte Kanzlei einbinden. Frankreich zeigt, wohin die Reise in Europa gehen kann.
Stimmen & Studien
- ILGA-Europe Rainbow Map 2025: Deutschlands Aufstieg auf Platz 8 zeigt, dass gesetzliche Reformen (u. a. SBGG) messbar wirken – trotzdem sind Familienrechte noch nicht vollständig gleichgestellt.
- Eurobarometer 2023: Hohe Zustimmung zur Eheöffnung – die Gesellschaft ist vielerorts weiter als die Gesetze.
Wir (Martin & Robert):
Der schönste Moment wäre, wenn unser Kind uns beide im Kindergarten-Formular als „Eltern“ eintragen kann – ohne Sternchen, ohne Fußnote. Das sollte überall in Europa normal sein.
Deutschland holt auf – jetzt die Elternschaftslücke schließen
Deutschlands Platz 8 (69 Punkte) im ILGA-Ranking 2025 ist stark. Doch ohne Reform des Abstammungsrechts bleibt die Gleichstellung von Regenbogenfamilien unvollständig. Andere Länder (z. B. Spanien, Niederlande, zuletzt Griechenland) zeigen, wie klare Elternschaftsregeln Sicherheit im Alltag schaffen. Gleichzeitig verdeutlichen Ungarn und Polen, dass Rückschritte möglich sind – Reisen & Umzüge wollen daher gut geplant sein. Rainbow MapDer GuardianEuropäisches Parlament
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Weiterführende Quellen
- ILGA-Europe Rainbow Map 2025 – Überblick über Rechte von LGBTQ+-Personen in 49 europäischen Ländern
- Eurobarometer 2023: Diskriminierung in der EU – Umfragewerte zu Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Ehen
- Bundesrat Entschließung vom 23. Mai 2025 – Reformforderungen zum Abstammungsrecht
- BBC: Griechenland legalisiert gleichgeschlechtliche Ehe (Februar 2024)
- AP News: Ungarn schränkt LGBTQ+-Rechte und Pride-Veranstaltungen ein (2025)
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