Queere Familien sind 2025 sichtbarer denn je – und trotzdem unzureichend geschützt. Wir fassen aktuelle Zahlen, politische Entwicklungen und konkrete Forderungen zusammen, damit du weißt, was Regenbogenfamilien jetzt wirklich brauchen.
Queere Familien sind 2025 so sichtbar wie nie – und gleichzeitig immer noch unzureichend geschützt. Während politische Debatten um Grundgesetz, Selbstbestimmungsgesetz und Koalitionsvertrag laufen, fragen sich viele Regenbogenfamilien: Was brauchen wir ganz konkret, damit unser Alltag sicherer und rechtlich abgesichert wird?
In diesem Beitrag fassen wir die wichtigsten Zahlen, politischen Entwicklungen und Forderungen zusammen – und zeigen, was queere Familien im Jahr 2025 wirklich brauchen.
1. Aktuelle Lage in Zahlen
1.1 Wie viele Regenbogenfamilien gibt es in Deutschland?
Laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts lebten 2024 in Deutschland rund 31.000 gleichgeschlechtliche Paare mit minderjährigen Kindern. In diesen sogenannten Regenbogenfamilien wachsen etwa 50.000 Kinder auf.
Wichtig: Die tatsächliche Zahl queerer Familien ist wahrscheinlich höher, weil nicht alle Familienformen statistisch erfasst werden, zum Beispiel Co-Parenting-Modelle, trans* oder nichtbinäre Eltern oder Konstellationen mit mehr als zwei Elternteilen.
Für uns bedeutet das: Queere Elternschaft ist längst Alltag – Politik, Recht und Gesellschaft hinken aber noch hinterher.
1.2 Entwicklung queerfeindlicher Straftaten
Parallel zur steigenden Sichtbarkeit nimmt queerfeindliche Gewalt zu. Für das Jahr 2023 wurden bundesweit 1.785 queerfeindliche Straftaten registriert. Ein Großteil davon richtete sich gegen sexuelle Orientierung und geschlechtsbezogene Vielfalt.
Auch wenn Detailzahlen für 2024 zum Teil noch ausgewertet werden: Der Trend bleibt besorgniserregend. Queere Familien erleben Anfeindungen im öffentlichen Raum, in der Schule der Kinder, bei Ämtern oder online. Das wirkt sich direkt auf das Sicherheitsgefühl von Eltern und Kindern aus.
Fazit aus den Zahlen: Mehr Sichtbarkeit, mehr Familien – aber auch mehr Angriffe. Queere Familien brauchen deshalb rechtliche, gesellschaftliche und ganz praktische Schutzmechanismen.
2. Politische Entwicklungen 2024/2025
2.1 Neue Queer-Beauftragte der Bundesregierung
Seit Mai 2025 ist Sophie Koch die neue Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Ihre Aufgabe: die Lebensrealität von LSBTIQ*-Menschen politisch sichtbarer zu machen, Maßnahmen zu bündeln und Bundesregierung sowie Öffentlichkeit zu beraten.
Für queere Familien ist diese Rolle wichtig, weil hier Themen wie Abstammungsrecht, Schutz vor Gewalt, Bildung und Familienpolitik zusammenlaufen.
2.2 Selbstbestimmungsgesetz
Mit dem Selbstbestimmungsgesetz, das 2024 in Kraft getreten ist, können trans*, inter* und nichtbinäre Menschen ihren Vornamen und Geschlechtseintrag einfacher ändern. Für viele Eltern bedeutet das ein Stück mehr Selbstbestimmung und Würde.
Gleichzeitig bleibt klar: Ein zeitgemäßes Personenstandsrecht allein löst nicht alle Probleme. Für Regenbogenfamilien fehlen weiterhin faire und klare Regelungen zur Elternschaft, insbesondere bei Mehrelternschaft, Samenspende und Tragemutterschaft im Ausland.
2.3 Grundgesetz und fehlende Nennung queerer Lebensrealitäten
Verbände wie der LSVD fordern seit Jahren, sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität explizit in Artikel 3 des Grundgesetzes zu nennen. Damit wären queere Menschen vergleichbar geschützt wie andere Gruppen, die explizit vor Diskriminierung geschützt werden.
Im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD taucht dieser Schritt jedoch nicht als verbindliche Maßnahme auf. Viele queerpolitische Expert*innen kritisieren das als verpasste Chance und warnen vor Rückschritten in der Gleichstellungspolitik.
2.4 Koalitionsvertrag 2025/26 – was fehlt
Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird von vielen Organisationen als queerpolitisch zu vage bewertet. Es gibt zwar Formulierungen zu „Akzeptanz“ und „Vielfalt“, aber kaum konkrete, überprüfbare Maßnahmen.
Für queere Familien bedeutet das: Sie können nicht davon ausgehen, dass sich ihre rechtliche Lage in den nächsten Jahren automatisch deutlich verbessert. Politischer Druck von Verbänden, Initiativen und Betroffenen bleibt entscheidend.
3. Was brauchen queere Familien 2025 ganz konkret?
3.1 Rechtliche Sicherheit für alle Familienkonstellationen
Queere Familien brauchen:
- Klare Regelungen zur Elternschaft nach Samenspende, Tragemutterschaft und in Mehreltern-Konstellationen.
- Automatische Anerkennung der zweiten Mutter in lesbischen Beziehungen, ohne Umweg über die Stiefkindadoption.
- Rechtsklarheit für Kinder, die durch eine Tragemutter im Ausland geboren wurden – egal ob bei zwei Vätern oder hetero- bzw. bi-Partnerschaften.
- Kinderrechte im Mittelpunkt: Nicht die Entstehungsgeschichte der Familie sollte entscheiden, sondern die Bindung und Verantwortung für das Kind.
3.2 Schutz vor Gewalt und Hass im Alltag
Queere Familien brauchen:
- Konsequente Erfassung und Verfolgung queerfeindlicher Straftaten, inklusive spezieller Meldestellen und sensibel geschulter Polizeistrukturen.
- Schutzräume und Anlaufstellen für betroffene Eltern und Kinder, etwa Beratungsstellen, psychosoziale Unterstützung und Selbsthilfegruppen.
- Klare Haltung von Politik, Schulen und Kitas gegen queerfeindliche Hetze – offline und online.
3.3 Sichtbarkeit in Kita, Schule und Medien
Queere Familien brauchen:
- Vielfältige Familienbilder in Schulbüchern, Kita-Materialien und Medien, damit Kinder aus Regenbogenfamilien sich wiederfinden.
- Fortbildungen für Fachkräfte in Bildung, Medizin und Verwaltung, damit Regenbogeneltern nicht erklären müssen, dass sie „auch Familie“ sind.
- Empathische Sprache, die nicht nach „normal“ und „anders“ sortiert, sondern Vielfalt selbstverständlich mitdenkt.
3.4 Zugang zu Beratung, Community und mentaler Gesundheit
Viele queere Eltern tragen eine doppelte Last: eigene Diskriminierungserfahrungen plus Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder. Deshalb brauchen sie:
- Gut finanzierte, niedrigschwellige Beratungsangebote für LGBTQ+-Familien.
- Netzwerke und Peer-Gruppen, in denen sie Erfahrungen teilen und sich gegenseitig stärken können.
- Zugang zu sensibler psychologischer Unterstützung, wenn Diskriminierung, Kinderwunschreisen oder rechtliche Unsicherheit belasten.
4. Unsere Perspektive als (werdende) queere Eltern
Wir, Martin & Robert, sind ein schwules Paar aus Bayern und werden 2026 durch eine Tragemutterschaft in den USA Eltern. Unsere Familie ist international, queer und rechtlich komplex – und genau das macht deutlich, warum wir über politische Rahmenbedingungen sprechen müssen.
Im Alltag erleben wir beides: viel Unterstützung und Neugier, aber auch Unwissen, Vorurteile und rechtliche Unsicherheiten. Wir verbringen viele Stunden damit, uns durch Gesetze, Behördenwege und internationale Regelungen zu arbeiten – Zeit, die andere Eltern mit der Vorbereitung aufs Kind verbringen.
Deshalb schreiben wir diesen Beitrag:
- um Zahlen und politische Debatten verständlich einzuordnen,
- um queere Familien in ihrer Realität sichtbar zu machen,
- und um zu zeigen, wo konkrete Verbesserungen nötig und möglich sind.
Wenn du dir individuelle Begleitung auf deinem Weg zur Elternschaft wünschst, findest du auf unserer Seite auch Coaching für (werdende) Regenbogeneltern.
5. Was du tun kannst – ganz praktisch
5.1 Politisch aktiv werden
- Abgeordnete anschreiben und konkret nach ihrer Haltung zu Abstammungsrecht, Grundgesetz-Erweiterung und Schutz queerer Familien fragen.
- Petitionen und Kampagnen von Organisationen wie LSVD, Familienverbänden oder lokalen Initiativen unterstützen.
- Anhörungen, Veranstaltungen oder Online-Formate von queerpolitischen Akteur*innen verfolgen und teilen.
5.2 Queere Familien im Alltag stärken
- In Schule, Kita oder Verein nachfragen, ob vielfältige Familienbilder in Materialien vorkommen – und bei Bedarf Materialien vorschlagen.
- Queere Familien in deinem Umfeld ernst nehmen, unterstützen und sichtbar feiern, zum Beispiel bei Festen, Elternabenden oder auf Social Media.
- Wenn du selbst queer bist: deine Geschichte teilen, wenn es sich sicher anfühlt – jede Stimme hilft, Normalität zu zeigen.
6. Weiterlesen – unsere Pillar-Seiten & vertiefende Artikel
Wenn du tiefer einsteigen möchtest, findest du auf Papaarade ausführliche Seiten zu Regenbogenfamilien:
- Pillar-Seite: Regenbogenfamilien – Vielfalt, Rechte & Erfahrungen
- Gesellschaft & Recht – rechtliche Rahmenbedingungen und politische Debatten
- Politische Forderungen queerer Familien 2025 (Überblick & Einordnung
- Was brauchen queere Familien im Jahr 2025? (dieser Artikel)
- Schwangerschaft in Deutschland oder USA – Erfahrungen einer Regenbogenfamilie
Außerdem empfehlen wir dir unsere Blogbeiträge zu:
- Leihmutterschaft weltweit – Chancen und Herausforderungen für LGBTQ+-Paare
- Moderne Vaterschaft – warum Sichtbarkeit gesellschaftliche Einordnung braucht
7. Quellen (Auswahl)
- Statistisches Bundesamt (Destatis): Regenbogenfamilien in Deutschland – gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern (Daten 2024).
- Lagebilder und Sonderauswertungen zu queerfeindlichen Straftaten (BMI/BKA) sowie Auswertungen von Fachstellen und Medien.
- BMFSFJ: Informationen zur Beauftragten der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.
- LSVD und weitere Verbände: queerpolitische Forderungen zur Bundestagswahl 2025 und Bewertungen des Koalitionsvertrags 2025.
- Fachgutachten, Studien und Medienberichte zu Selbstbestimmungsgesetz, Abstammungsrecht und queeren Familienrealitäten.
Was brauchen queere Familien 2025? Vor allem eines: klare rechtliche Absicherung, Schutz vor Gewalt – und eine Gesellschaft, in der unsere Familienform nicht mutig, sondern einfach normal ist.
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