Wenn du als Regenbogenfamilie in Deutschland lebst, oder wie wir kurz davor stehst, Eltern zu werden, fühlt sich das Recht oft an, als würde es in einem anderen Jahrzehnt feststecken. Viele queere Familien müssen ihre eigene Elternschaft mühsam „beweisen“, obwohl sie längst Alltag leben.
Gleichzeitig bewegt sich politisch etwas:
Die Reform des Abstammungsrechts steht seit Jahren auf der Agenda, die Bundesregierung hat den Aktionsplan „Queer leben“ verabschiedet, und eine Expertenkommission hat Empfehlungen zu Eizellspende und altruistischer Tragemutterschaft vorgelegt.
In diesem Beitrag erfährst du:
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Wo Regenbogenfamilien heute rechtlich stehen
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Welche Initiativen diskutiert werden
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Was sich konkret für Zwei-Mütter- und Zwei-Väter-Familien ändern könnte
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Und was du schon jetzt tun kannst, um dich gut aufzustellen
Wir schreiben aus unserer Perspektive als werdende Väter, die ihr Kind durch eine Tragemutter in den USA erwarten und stellen uns die Frage: Wann werden Familien wie unsere endlich ohne Umwege anerkannt?
Wo wir stehen – die aktuelle Realität für Regenbogenfamilien
Heute sieht die Situation so aus:
Zwei-Mütter-Familien
Nur die gebärende Mutter ist automatisch rechtlich anerkannt. Die Partnerin muss das eigene Kind adoptieren (Stiefkindadoption).
Zwei-Väter-Familien mit Tragemutter im Ausland
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Tragemutterschaft ist in Deutschland verboten.
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Anerkennung ausländischer Geburtsdokumente ist lückenhaft und bundeslandabhängig.
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Väter müssen oft über Anerkennung, Adoption oder Gerichtsverfahren gehen.
Mehr-Eltern-Konstellationen
Rechtlich sind maximal zwei Eltern vorgesehen – egal, wie eine Familie tatsächlich lebt.
Interner Link: Pillar Regenbogenfamilie
Interner Link: Unterseite LGBTQ+-Familien in Deutschland
Welche politischen Initiativen gibt es?
Reform des Abstammungsrechts – der große Brocken
Das Bundesjustizministerium hat 2024 einen Diskussionsentwurf für eine Reform vorgelegt.
Kernelemente:
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Automatische Mit-Mutterschaft: Frauenpaare sollen ohne Stiefkindadoption beide Eltern sein.
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Geschlechtsneutrale Elternschaft: Weniger Fokus auf biologische Vaterschaft; mehr auf soziale Verantwortung.
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Vereinfachte Anerkennungsprozesse: Weniger Bürokratie, klarere Verfahren.
Ein Gesetz liegt derzeit noch nicht vor. Nach dem Bruch der Ampelkoalition ist unklar, wann und wie eine Reform kommt.
Aktionsplan „Queer leben“ – der politische Rahmen
Der Aktionsplan wurde von der Bundesregierung beschlossen und umfasst:
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Modernisierung von Familien- & Abstammungsrecht
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Maßnahmen gegen Diskriminierung
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Stärkere Datengrundlagen & Forschung
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Förderung queerfreundlicher Strukturen
Er ist kein Gesetz, aber ein politisches Versprechen.
Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung – Eizellspende & Tragemutterschaft
Eine Expert*innenkommission hat 2024 empfohlen:
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Legalisierung der Eizellspende
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Prüfung einer altruistischen Tragemutterschaft
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Modernisierung der reproduktiven Medizin
Die Bundesregierung wurde gefragt, ob und wie sie diese Empfehlungen umsetzen will.
Wichtig: Es gibt noch keinerlei konkrete Gesetzesvorschläge zur Legalisierung von Tragemutterschaft.
Weitere Bausteine
Selbstbestimmungsgesetz
Erleichtert Namens- und Personenstandsänderungen für trans*, inter* und nicht-binäre Menschen.
Verantwortungsgemeinschaft
Ein neues Rechtsmodell für Menschen, die Verantwortung füreinander übernehmen – unabhängig von einer romantischen Beziehung. Politisch diskutiert, aber nicht umgesetzt.
Was könnte sich konkret ändern – nach Familienform
Zwei-Mütter-Familien
Wenn der Entwurf umgesetzt wird:
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automatische Co-Mutterschaft
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sofortige rechtliche Sicherheit für beide
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weniger Bürokratie & Verfahrenskosten
Zwei-Väter-Familien mit Tragemutter im Ausland
Für Familien wie unsere bleibt es vorerst komplex:
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Das Verbot der Tragemutterschaft bleibt bestehen.
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Anerkennungsverfahren bleiben uneinheitlich.
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Reformvorschläge konzentrieren sich bisher nicht explizit auf Zwei-Väter-Familien.
Denkbare zukünftige Verbesserungen wären:
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klarere Anerkennungsregeln für Auslandsgeburten
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stärkere Leitlinien für Standesämter
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eventuell Debatten über altruistische Modelle
Mehr-Eltern-Familien
Politisch umstritten. Diskutiert werden maximal drei rechtliche Elternteile, aber ohne klare Umsetzungsperspektive.
Was du jetzt tun kannst – unabhängig von der Politik
1. Rechtslage für eure Situation klären
Spezialisierte Familienrechtskanzleien sind Gold wert.
2. Gesetzesprozesse verfolgen
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BMJ
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Bundestag
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LSVD und andere queerpolitische Verbände
3. Politisch sichtbar sein
Erfahrungen teilen, Abgeordnete kontaktieren, an Konsultationen teilnehmen.
4. Community nutzen
Erfahrungen anderer Familien helfen, Entscheidungen zu treffen.
Interner Link: Unterseite Gesellschaft & Recht
Weiterlesen: „Rechtliche Rahmenbedingungen weltweit“
Weiterlesen: „Bundesland-Check: Anerkennung von Auslandsgeburten“
Was du mitnimmst
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Reformen werden diskutiert – aber nichts ist beschlossen.
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Zwei-Mütter-Familien könnten als erste profitieren.
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Tragemutter-Konstellationen bleiben rechtlich komplex.
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Die Kommission hat Eizellspende & altruistische Tragemutterschaft empfohlen.
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Gut informiert zu bleiben ist aktuell der effektivste Schutz für queere Familien.
Mini-FAQ
Ist die Reform des Abstammungsrechts beschlossen?
Nein. Es gibt nur Entwürfe und Eckpunkte.
Kommt die Legalisierung von Tragemutterschaft?
Es gibt Empfehlungen der Kommission, aber keinen Gesetzentwurf.
Wie informiere ich mich am besten?
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Bundesregierung (BMJ, Bundestag)
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LSVD
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Fachartikel zum Familienrecht
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Community-Plattformen wie Papaarade
Fazit
[Unverifiziert] Politisch ist vieles in Bewegung – aber wenig finalisiert.
Für Regenbogenfamilien bleibt das ein Balanceakt zwischen Hoffnung und Geduld.
Was uns Mut macht: Unsere Familien sind sichtbarer denn je. Die Frage ist längst nicht mehr, ob wir existieren, sondern wann das Recht endlich Schritt hält.
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Autorenbox
Martin & Robert – Papaarade
Werdende Väter, die ihren Sohn mit Hilfe einer Tragemutter in den USA erwarten. Wir dokumentieren unseren Weg und teilen Wissen über Regenbogenfamilien, moderne Vaterschaft und internationale Elternschaft.
Stand / Zuletzt aktualisiert: November 2025
Disclaimer: Keine Rechtsberatung – individuelle Beratung durch Fachanwält*innen empfohlen.
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